Knicks Nightmar'e




Das hatten sich die New York Knicks sicherlich alles anders vorgestellt, als sie im Sommer Chauncey Billups via Amnestie-Klausel entliessen und Tyson Chandler als neue Free Agent Akquisition präsentierten. Es sollte, nach Jahren der Niederlagen und Frustrationen, der Start in eine glorreiche Zukunft sein. Man wollte sich endlich wieder an den Grossen messen, seine eigenen Big Three ins Rennen um Division Titel und Conference Finals Teilnahmen schicken. Sich mit den Chicago Bulls und den Miami Heat duellieren und das Kräfteverhältnis im Osten endlich wieder in Richtung New York City verschieben, so wie einst, in den 90er Jahren, als man zweimal das NBA-Finale erreichte.

Nicht so schnell, NYK. Eine Saison voller Tumulte und vollgepackt mit mehr Drama als an der Ecke Broadway und 53. nahm gestern Nacht in Miami eine abermalige Wendung, als man gegen die Heat erst 0-2 in Rückstand geriet und später Amare Stoudemire verlor.

Der Knicks Forward schlug aus Frustration über die 104-94 Niederlage, seine eigene Leistung und das emotionale Chaos, das die letzten Monate hinterlassen hatten, eine Feuerlöscherkasten-Glasscheibe zu Bruch und zog sich dabei schwere Schnittwunden zu, die ihn mindestens für Spiel 3 am Donnerstag, möglicherweise aber für den Rest der Serie ausser Gefecht setzen. Es war der kulminierende Kurzschluss-Moment eines persönlichen Alptraums, aus dem es für den 29-Jährigen kein Entrinnen zu geben scheint. Er war als Heilsbringer nach New York gekommen, hatte den Big Apple als emotionaler Leader auf und ausserhalb des Madison Square Gardens aus seiner jahrelangen Lethargie erweckt und freute sich darauf, mit den Knicks mitzuwachsen, sie zurück in die Relevanz zu führen.

Dann kam im letzten Februar erst Carmelo Anthony via Trade, im Sommer folgte dann Chandler. Der eine nahm Stoudemire die Ballberührungen und Würfe weg, der andere löste ihn als Antreiber und Anführer der Truppe ab. Für Amare begann so die schwerste Saison seiner Karriere, die ihm physisch und psychisch zusetzte. Er konnte erst nicht trainieren, weil ihm der Rücken zu schaffen machte. Fand nie sein Wurfgefühl, weil er nicht trainieren konnte. Bekam später abermals Probleme mit seiner Wirbelsäule, die ihn 19 Spiele auf die Ersatzbank zwangen. Und verlor zu allem Überfluss noch seinen Bruder, der bei einem tragischen Autounfall ums Leben kam. Am Ende hatte er mit 17.5 PPG, 7.9 RPG und 48% FG die schlechteste Saison seit 2002/03 (seinem Rookie-Jahr) gespielt.

Stoudemire, der bei seinem Faustschlag keine wichtigen Sehnen oder Muskeln verletzte, fällt jetzt also wieder aus. Er bereute seine dumme Aktion unmittelbar nach dem Verlassen der AAA in Miami. Seine Teamkollegen, allen voran Tyson Chandler, zeigten sich genauso enttäuscht - verständlicherweise.


Zyniker behaupten nun, dass Stoudemire's Verletzung für die Knicks letztendlich ein Segen sein könnte. Es ist mittlerweile überdeutlich geworden, dass die Paarung Melo/Amare nicht funktioniert. Mike Woodson versuchte sie auch gegen Miami - mit mässigem Erfolg. Die zwei Stars stehen sich offensiv auf den Füssen herum und nehmen sich gegenseitig die für ihr Spiel so elementaren Ballbesitze weg. Während Stoudemire Ballbewegung und Motion Sets präferiert, verlangt Anthony nach übermässigen Isolationssets, um seine Stärken auszuspielen. New York, das in dieser Saison insgesamt 3.2 Punkte pro Spiel mehr erzielte als seine Gegner, wurde mit durchschnittlich mehr als 4 PPG deklassiert, wenn Anthony und Stoudemire gemeinsam auf dem Platz standen.

In der Verteidigung ist es noch schlimmer. Die Defensive der Knicks stürzt von der Klippe, sobald die zwei gemeinsam auf der Platte stehen. Miami erzielte in den bisherigen zwei Playoff-Partien über 16 Punkte mehr pro 100 Angriffe als noch während der regulären Saison (104.3 Off. Eff.) und hat vorne alle Freiheiten. Zwei leichte Siege bestätigen diesen Trend. Die Hoffnung in New York ist also in der Tat, dass die Knicks ohne Stoudemire ihre Spätform wieder finden können, als man unter Woodson mit 18-6 Siegen schloss und 14-5 Siege ohne den etatmässigen Power Forward einfahren konnte.

Anthony wich damals auf die Vier aus und formte zusammen mit Chandler einen Frontcourt, der Gegnern das Leben zur Hölle machte. Das gesamte Team spielte viel besser und legte beeindruckende Offense/Defense Splits auf's Parkett: 104.6 Punkte pro 100 Angriffe und nur 96.2 Gegenpunkte ohne Amare. 98.1 PP100 und 100.8 Gegenpunkte mit ihm. Ein monumentaler Unterschied.

Wer jetzt aber denkt, dass New York ohne seinen verletzten 100 Millionen Big Man besser dran ist und vielleicht sogar wieder in die Serie zurück klettern kann, der vergisst zwei Dinge: a) Miami ist besser als die Knicks und kontert die "kleine" Melo/Chandler Lineup exzellent. Und b) den Knicks gehen die Spieler aus. Iman Shumpert, Jeremy Lin und jetzt Stoudemire sind ausser Gefecht. Chandler, Baron Davis und Jared Jeffries sind angeschlagen. Die ehemals tiefe und potente Ersatzbank ist zu einem Lazarett verkommen, was gegen Miami fast zwingend zum Hitzeschlag führt.

Vielleicht fällt Amare's Fehlen auch deshalb nicht allzu schwer ins Gewicht. New York wäre mit ihm genauso chancenlos gewesen wie ohne ihn. Miami, allen voran LeBron James, ist den 'Bockers in allen Belangen überlegen und dominiert die Matchups nach Belieben. Alles andere als ein Sweep wäre zu diesem Zeitpunkt schon eine kleine Überraschung. Ob New York also mit oder ohne Stoudemire untergeht, spielt im Endeffekt auch keine grosse Rolle mehr. Bleiben dann nur noch zwei Fragen zu klären, mit weitaus bedeutenderen Langzeitimplikationen: wie lösen die Knicks im Sommer ihre offensichtliche Kaderblockade im Frontcourt? Und wann wacht Amare Stoudemire aus seinem ganz persönlichen Alptraum wieder auf?


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